Das Reisethema

Geschichte in Geschichten:
Schwäbische Reichsstädte VI

von Rolf Lohberg

Hier regierte der Bürgerstolz

Jede der alten schwäbischen Reichsstädte hat einen eigenen Charakter, eine andere Geschichte.

Da ist die Stauferstadt Schwäbisch Gmünd, die - soweit es den Tourismus betrifft - noch ganz vom Erbe der Reichsstadt lebt. Sechs der 24 Wehrtürme blieben erhalten, aber auch schöne Bauten aus mittelalterlicher Zeit, darunter etliche Kirchen sowie die Fuggerei, in der die königlichen Schultheissen amteten, Vor allem aber ein grossartiges Archiv, das bis aufs Jahr 1277 zurückgeht.

Es war eine sehr künstlerische Reichsstadt. Die Maler Jerg Ratgeb und Hans Baldung Grien stammen von hier; auch die Gold- und Silberwarenindustrie, für die Schwäbisch Gmünd heute bekannt ist, hat weit zurückreichende Wurzeln bis zu den Sensen- und Säbelschmieden, für die Schwäbisch Gmünd berühmt war. Aber 1372 wird auch schon ein Goldschmied benannt.

Giengen an der Brenz war Freie Reichsstadt, auch das benachbarte Aalen, das um 1245 von Anfang an als Stadt geplant und angelegt wurde (was der klare, trapezförmige Grundriss der Innenstadt noch heute zeigt). Aalen sollte, mit sieben Türmen und dicken Mauern wohlbewehrt, als staufischer Militärstützpunkt die Reichsstrasse von Nördlingen nach Strassburg bewachen. Als die Staufer starben, wurde Aalen an die württemberger Grafen verschachert.

Denen kaufte es Kaiser Karl IV. ab und machte es - auf einen Schlag, mit allen Rechten der Selbstverwaltung - zu einer Reichsstadt. Denn auch er konnte in jener Gegend eine freie, ihm gehorsame Stadt gut brauchen. Leider brauchte er auch stets Geld und pflegte dann die eine oder andere seiner Reichsstädte nach dem Leasing-System an befreundete Fürsten zu verpfänden. Aalen entging dieser Schande geschickt und suchte sich stabile Freunde: Ab 1377 war es beim Schwäbischen Städtebund, dann beim Schwäbischen Bund (der 1488 in Esslingen gegründet wurde), schliesslich beim Schwäbischen Reichskreis. Das sicherte ihm die Selbständigkeit, die bei der Aalener Bürgerschaft immer hoch im Kurs stand.

Pfullendorf wiederum war ein ganz kleines "Dorf am Pfuhl", nur eine Handvoll Höfe, als König Friedrich II. es zur Stadt erhob, weil er dort einen militärischen Stützpunkt brauchte (wodurch Pfullendorf zum Erstaunen seiner wenigen Bürger sofort zur Reichsstadt wurde). Doch siehe da: Die Pfullendorfer verwandeltem sich sehr schnell in tüchtige, selbstwusste Städter, die massive Türme und stabile Fachwerkhäuser bauten; das Alte Haus von 1317, Süddeutschlands ältestes Haus, steht noch heute ganz stabil da.

Schon 1383 lebten in den Mauern Pfullendorfs so viele Handwerker, dass man eine Zunftverfassung brauchte. Es gab einen 50köpfigen Grossen Rat, dazu einen Kleinen Rat aus 17 Mitgliedern. Und wenn die auch heute noch relativ kleine Stadt im Jahr 2001 nach dem Motto "Natur in Stadt und Land" eine Art von veritabler Landesgartenschau zeigte, so spricht das für das ungebrochene Selbstbewusstsein der Pfullendorfer Bürger.

>> Schwäbische Reichsstädte VII


© by PhiloPhax - Lauftext
Weitere Publikationen: Reiserat <> Schwarzwald.net <> Neckarkiesel